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10.06.2017 | Kategorien TD News

Design-Absolvent gestaltet Shirts der documenta 14

Grundlage der Designs bildet Niko Mainaris' Masterarbeit, in der er die Street Art in Athen untersucht – als Spiegel der Krise

Niko Mainaris, Design-Absolvent der Hochschule Reutlingen, hat die Shirts zur internationalen Kunstausstellung documenta 14 in Athen und Kassel gestaltet. Foto: Hochschule Reutlingen/Mainaris

Simone Löffler und Johannes Müller

Von Reutlingen nach Athen, ins Mekka der Street Artists, zog es den frisch gebackenen Design-Masterabsolventen Niko Mainaris. Beeindruckt von der Einzigartigkeit seiner Kunst beauftragte ihn Kurator Adam Szymczyk mit dem Entwurf der Shirts zur documenta 14. Die Gestaltung der Shirts beruht auf Methoden, die Niko Mainaris in seiner Masterarbeit entwickelt hat. Das Besondere an seiner künstlerischen Arbeit sind das feine Gespür für soziale und politische Entwicklungen und die Fähigkeit, diese in eine eigenständige und prägnante künstlerische Aussage zu übertragen.

Die Shirts zu documenta 14 in Athen und Kassel
Niko Mainaris hat in seiner Masterthesis die Street Art Athens untersucht und künstlerisch bearbeitet. Seine Masterarbeit, die Prof. Henning Eichinger betreut hat, dient als Grundlage für den Hintergrund der T-Shirts, die vollflächig bedruckt sind. Ergänzt werden die Grafiken durch Sprüche von Adam Szymczyk, dem künstlerischen Leiter der documenta, Direktor und Chefkurator der Kunsthalle Basel.

Eines von zwei Konzepten ist vom Straßenbild Athens inspiriert, in dem politische und nichtpolitische Graffiti und Tags übermalt oder von andersdenkenden durchgestrichen werden. Dabei entstehen häufig Spuren von Flächen, Formen und wilde Schmierereien. Ein kreatives Zusammenspiel von Ordnung und Chaos, Sauberkeitsempfinden und ‚Schmutz‘, Recht und Unrecht. Als Sprüche zieren hier „Neither Swans nor Ants“, „Transdocumenta“ und „Not a Hobby“ die Shirts der documenta 14.

Verschiedene Schichten der Athener Wände dienten als Inspiration für das zweite Konzept: Wände versteht Niko Mainaris als öffentliche Galerie. In diesem Konzept hat er die Bilder der Street Art als digitale Collagen verarbeitet, die den Hintergrund für Adam Szymczyks Sprüche „Eat the Ego“, „Idle no More“ und „Chain Smoking“ bilden. 

Während die Shirts des ersten Konzepts schon in Athen erhältlich waren, wird das zweite Konzept erst in Kassel vorgestellt, dort sind alle sechs Motive erhältlich. Die Shirts des ersten Konzepts wurden klimaneutral in Athen produziert und bedruckt. Den Produktionsprozess hat Niko Mainaris persönlich begleitet. Das zweite Konzept wurde in Indien auf Shirts aus ökologischer Baumwolle umgesetzt.

„Natürlich bin ich stolz darauf, meine Sachen ausgestellt in diesem Zusammenhang mit einem so großen Publikum zu sehen“, erklärt Niko Mainaris. Doch das Beste für ihn war das Feedback – seine Shirts kommen gut an, die Leute lieben und kaufen sie.

Auch Prof. Henning Eichinger, der Kulturbeauftragte der Hochschule Reutlingen und Leiter des Masterstudiengangs Schwerpunkt Künstlerische Konzeption, zeigt sich begeistert. „Dass ein Absolvent der Hochschule Reutlingen mit seiner Masterthesis in Künstlerischer Konzeption vom künstlerischen Leiter, Adam Szymczyk eingeladen wird, für die documenta in Athen und Kassel die T-Shirts zu machen, ist natürlich eine hohe Auszeichnung und Beweis der hervorragenden künstlerischen Qualität seiner Arbeit“.

Masterarbeit „Ästhetik der Krise“ als Ausgangspunkt
In seiner Masterthesis untersuchte Niko Mainaris das Phänomen der Street Art und setzt sich künstlerisch mit den Auswirkungen der Schulden-, Wirtschafts- und Flüchtlingskrise im öffentlichen Raum von Athen auseinander. Dabei übertrug er neue Erkenntnisse und innovative Arbeitsweisen aus der Street Art-Szene auf sein eigenes Werk. Grundlage dieser Thesis bilden Fotografien, die in einer dreimonatigen Feldstudie in Athen entstanden. Eine Fotodokumentation, deren Wirkung nicht weniger wertvoll ist, als das künstlerische Werk neuer grafischer Gestaltungen, sogenannter Palimpseste, die aus Fragmenten des Bildmaterials entstanden sind.

Die Entwicklung: Seit 2010 befindet sich Griechenland und seine Hauptstadt Athen im Brennpunkt von Krisen: von der Staatsschuldenkrise, der Wirtschaftskrise und seit 2016 der Flüchtlingskrise. Eine real gewordene Dystopie, deren Auswirkungen das Stadtbild prägen. Auf den Oberflächen von verlassenen Gebäuden entstehen in Athen Schichten von Schmutz bröckelnder Putz, Graffiti, Tags, Plakate und Klebestreifen, die immer wieder aufs Neue durch Witterung und Übermalung verschwinden – das sind zeitgenössische Palimpseste, die unterschiedliche Geschichten erzählen. Graffitikünstler, die sich im Stadtbild verewigen wollen und durch die geschlossenen Einzelhandelsgeschäfte neue Flächen an zentralen Plätzen erobern. Plakatanbringer, die ihre Plakate auf Schaufensterfronten kleben und immer wieder abreißen um neue Plakate anzubringen. Immobilienbesitzer, die versuchen ihre Immobilien zu vermieten und die Stadtreinigung, die mit ihren Hochdruckreinigern sporadisch um das Hoheitsrecht kämpft. Ein chaotischer und anarchischer Prozess, an dem verschiedene Akteure, unabhängig voneinander, aktiv teilnehmen, die aber eines gemeinsam haben: den Kampf gegen den sozialen Abstieg und das Überleben in einem postdemokratischen Land.

Ziel seiner Abschlussarbeit ist es, diesen Prozess zu dokumentieren und künstlerische Palimpseste zu erstellen. Dafür analysiert er Oberflächen und überträgt sie in Grafiken, die er mit Farbverläufen kombiniert. In der Thesis werden zusätzlich Teile der Bilder gelöscht und neue Bildebenen eingefügt. So verbindet ein Werk verschiedene Ebenen miteinander, die kompositorisch eine Einheit bilden, aber die unterschiedlichen Kontexte und Transformationen im öffentlichen Raum Athens widerspiegeln.